Ist „Architektur für alle“ überhaupt möglich?
Verfügen Architekten über die Kenntnisse und die Haltung, die sie brauchen, um wirklich inklusivere Lebensräume zu schaffen? Ist es ihnen überhaupt möglich, Architektur für alle zu entwerfen?
Es ist normal, anders zu sein – und wir sind alle anders
„Meine Behinderung ist nicht, dass ich einen Rollstuhl benutze, sondern weil die Umgebung nicht zugänglich ist“, sagte die Behindertenaktivistin Stella Young.
Die Menschen fühlen sich unwohl und verstehen Behinderung oft nicht – und Menschen fürchten, was sie nicht verstehen. Architekten sind in der Verantwortung, um Umgebungen für ein breites Spektrum von Benutzeranforderungen zu schaffen. Ist es nicht an der Zeit, dass wir die polarisierte Trennung von „Nichtbehinderten“ und „Behinderten“ in Frage stellen und erkennen, dass wir einfach nur für Menschen entwerfen müssen?
In unserer Bevölkerung gibt es eine große Bandbreite vom hilflosen Kleinkind bis zum älteren Menschen mit Demenz und allem dazwischen, einschließlich chronischer und vorübergehender Zustände geistiger und körperlicher Beeinträchtigung.
Gutes Design ist inklusives Design!
Bei „inklusivem Design“ geht es um Design für Menschen und nicht um Design für behinderte Menschen. Es geht um die Schaffung von Orten, die jeder nutzen kann. Wie sie gestaltet werden, beeinflusst unsere Fähigkeit, uns effektiv zu bewegen, zu sehen, zu hören und zu kommunizieren. Die Beseitigung von Barrieren, die unnötige Anstrengungen und Trennungen bewirken, ermöglicht es jedem, gleichberechtigt, selbstbewusst und unabhängig an den üblichen Aktivitäten teilzunehmen.
Das eröffnet uns die Möglichkeit, unsere kreativen und problemlösenden Fähigkeiten für echte Menschen in ihrer ganzen Variabilität einzusetzen und die Frustrationen und Nöte vieler behinderter Menschen, älterer Menschen und Familien mit kleinen Kindern zu vermeiden.
Während die Bedürfnisse von Rollstuhlfahrern und mobilitätseingeschränkten Menschen wichtig sind, ist es aber auch notwendig, die Barrieren zu verstehen, die Menschen mit Lernschwierigkeiten, psychischen Erkrankungen, Seh- und Hörbehinderungen erfahren. Die Berücksichtigung eines vielfältigeren Bildes im Design führt oft zu überragenden Lösungen, die allen zugute kommen; die über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinausgehen und die Menschen dabei unterstützen, die Produkte sicher, mit Würde, Komfort, Bequemlichkeit und Zuversicht zu nutzen.
Was ist Ihr Normal?
Indem wir die Definition des Normalen in Frage stellen (oder besser abschaffen), können wir unsere Chancen erweitern, die über das Verlassen auf anthropometrische und ergonomische Daten hinausgehen. Auch Arbeitgeber haben erkannt, dass es klug ist, eine vielfältige Belegschaft zu haben, in der viele Ansichten vertreten sind und die Talente jedes Einzelnen geschätzt werden. Behinderung ist Teil der Vielfalt, und es geht nicht nur um Fairness! Es ist wirtschaftlich sinnvoll, zugängliche Räume zu schaffen. Ein rigoroser, ganzheitlicher Designprozess mindert das Geschäftsrisiko und gewährleistet einen reproduzierbaren Designerfolg.
Wollen Sie auf ein Drittel aller Haushalte verzichten?
Geschäfte auf großen Einkaufsstraßen weisen möglicherweise jeden fünften Kunden ab, wenn sie behinderte Menschen nicht berücksichtigen, denn die Haushalte mit einer behinderten Person haben zusammen ein riesiges verfügbares Einkommen und stellen etwa ein Drittel aller Haushalte. Untersuchungen zeigen, dass behinderte Menschen es am schwierigsten finden, einkaufen zu gehen, gefolgt von einem Kino-, Theater- oder Konzertbesuch. An dritter Stelle der Liste stehen Trinken und Essen im Restaurant.
Wir müssen alle Fähigkeiten entwickeln, Universal Design zu verwirklichen.